Chance

Patienten mit einer schweren psychischen Erkrankung, wie z.B. einer Schizophrenie, bipolaren Störung oder schweren Depression, haben aufgrund des hohen Risikos für Rückfälle eine sehr ungünstige Prognose. Für die Betroffenen bedeutet dies häufig, nicht auf dem Arbeitsmarkt zu bestehen, ihre sozialen Kontakte zu verlieren und stigmatisiert zu werden. Um dem möglichst frühzeitig entgegen zu wirken, wurde von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der LMU München unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Falkai das Programm CHANCE entwickelt, welches von der Robert-Vogel-Stiftung getragen wird und aus folgenden Elementen besteht:

1. Frühprädiktion und Frühbehandlung:

Durch eine verlässliche Voraussage des Behandlungsverlaufs erhält jeder Patient ein individualisiertes Vorsorgeprogramm, um so das Risiko für Erkrankungsausbrüche und Rückfälle bei den oben genannten Erkrankungen nachhaltig zu verringern. Zu diesem Vor- und Nachsorgeprogramm gehört auch eine eHealth Ambulanz (Smartphone-App), die die Patienten an ein intensiviertes, multimodales therapeutisches Setting anbindet sowie ein aufsuchender ambulanter Dienst, der die Möglichkeit bietet, Patienten zuhause zu behandeln, um Krisen abzuwenden und Hilfe vor Ort zu ermöglichen (Krisenambulanz).

2. Frührehabilitation und Integration:

Schwere psychische Erkrankungen führen häufig zu einer schlechten körperlichen Verfassung, dem Verlust sozialer Kontakte und des Arbeitsplatzes. CHANCE unterstützt Patienten intensiv beim Wiedereinstieg ins Berufsleben („Jobcoaching‟). Zudem helfen die Ernährungsberatung und das Sportprogramm, die körperliche Gesundheit und Fitness zu verbessern. Ein umfangreiches Freizeitangebot fördert darüber hinaus den Wiederaufbau sozialer Kontakte und Aktivitäten. Im Rahmen von psychosozialen Therapien können wertvolle Fertigkeiten (z.B. im Umgang mit fordernden und stressigen Situationen) erlernt und erprobt werden.

Das entwickelte Programm ist in Bezug auf die Verzahnung von evidenzbasierter Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und moderner biologischer Psychiatrie einmalig in Deutschland und erlaubt daher eine innovative und präventive multidimensionale Versorgung von Menschen mit psychotischen Krisen und Erkrankungen.

Durch fehlende Fördermöglichkeiten seitens des Bundes, des Landes Bayern oder der Kostenträger für solche Programme sowie insbesondere durch die fehlende Struktur für eine frühzeitige und klinikferne Behandlung von jungen Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen in der Region München, besteht hier eine besondere Versorgungslücke. Es gibt zwar vereinzelt Projekte zur direkten Versorgung einiger Patientengruppen, aber moderne Strukturen zur Frühintervention und Frührehabilitation, die sich direkt aus den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft speisen, fehlen bislang. Das hier geförderte Projekt, mit Schnittstellen zu verschiedenen Bereichen der modernen und klassischen Psychiatrie, hat somit das Potential, als Modell für die Verzahnung von optimaler Versorgung und state-of-the-art Forschung in ganz Deutschland zu dienen.

Das Projekt ist auf 5 Jahre angelegt. Die jährlichen Kosten werden vollständig von der Robert-Vogel-Stiftung getragen. Daneben leistet die Universitätsklinik eine entsprechende Begleitforschung, die u.a. durch die an der Klinik vorhandenen national und international geförderten Forschungsaktivitäten erfolgt.

Diese Forschungsergebnisse sollen auch dazu beitragen, langfristig öffentliche Mittel sowie Mittel der Sozialversicherungsträger für diese Form von Prävention und Rehabilitation zu erhalten und auf diese Weise erhebliche Kosten wegen Berufsunfähigkeit und Langzeitbehandlung einzusparen. Schwere psychische Erkrankungen führen zu den höchsten direkten und indirekten Behandlungskosten. Insbesondere bei Menschen, die früh erkranken, entwickelt sich eine langanhaltende Beeinträchtigung, die massive jährliche Kosten zur Folge hat, allein durch Frührenten und Steuerausfälle.

Insofern werden dringend innovative Modelle benötigt, die die überwiegend schlechte Prognose junger Menschen mit psychischen Erkrankungen verbessern.


Mehr Informationen

Flyer „Chance‟ Download Pdf

Homepage LMU Spezialambulanz:
www.klinikum.uni-muenchen.de